In 14 Wandertagen knapp 213 Kilometer mit 6050 Höhenmetern im Anstieg - das ist diese schöne Tour, heruntergebrochen auf nüchterne Zahlen. Unterwegs gibt es unzählige Highlights, unter anderem das Schloss von Neuenbürg, Schweizerkopfhütte (im Nebel), Kaltenbronn, Hohlohturm, Latschigfelsen, Schwarzenbacher Talsperre, Friedrichsturm, Ochsenstall und Hornisgrinde, Mummel-, Wild- und Glaswaldsee, Ruhestein, Schliffkopf, Alexanderschanze, Hohenlochen, Hausach mit Burg Husen, Farrenkopf, Huberfelsen und Karlstein, Blindensee, Donauquelle, Brend und Titisee - und ab Furtwangen immer den Feldberg im Blickfeld.
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Neue Trends im Schwarzen Wald
Mein Rucksack ist mittlerweile recht klein. So klein, dass ich von anderen Fernwanderern nicht mehr als "Artgenossin" erkannt werde (mehr zu diesem Thema werde ich demnächst in dem Beitrag "Planung" bzw. in der "Packliste" erläutern).
Etwas unscharfe Illustration: Fernwanderin mit dezentem Gepäckstück
Damit stelle ich mich gegen einen neuen vorherrschenden Trend - ULT, also Ultra-Light-Trekking, ist mittlerweile obsolet, wie es scheint. Drauf gekommen bin ich, als ich vermehrt Personen riesige, über den Kopf hinausragende Rucksäcke an mir vorbeischleppen sehe. Meine Fragen ergeben, das dies Abenteurer sind. Sie führen eine komplette Survival-Ausrüstung mit sich, also Zelt, Isomatte, Schlafsack. Soweit okay. Einige jedoch haben auch Proviant für bis zu sieben Tage dabei. Etwas spöttisch konstatiere ich, es sei aber schon klar, dass wir uns nicht in der Atacama-Wüste, sondern auf einem der am intensivsten bewanderten Trails in einem der am dichtesten besiedelten Gebiete Deutschland befinden. Der in diesem Fall befragte Trapper nuckelt an seinem in Alu versiegelten Astronauten-Menü. Verlegenes Rumdrucksen. Wahrscheinlich weiß er das. Und wahrscheinlich weiß er auch, dass bei uns wild Campen verboten ist. Wie alle anderen auch.
Nein, das unscharfe Objekt auf dem Foto ist kein abgesägter Baumstamm, sondern ein Abenteurer, der - übrigens in teuerstes Outdoor-Outfit gewandet - auf der Suche nach ... Abenteuer ist. Mehrfach gesehen auf dem Westweg
Warum hier immer die Rede vom Westweg ist und nicht vom E1: Der E1 verläuft in diesem Teilstück auf der Spur des Westwegs, der 1900 als "Höhenweg von Pforzheim bis Basel" von Philipp Bussemer aus Baden-Baden und dem Druckereibesitzer Julius Kaufmann aus Lahr initiiert und angelegt wurde. Die Autorin ist erfreut, einen Nachkommen eines der Begründer dieses schönen Fernwanderwegs persönlich zu kennen. Da wandert es sich doch gleich ganz anders.
Was mir an diesem Weg besonders gefällt: Zwar gab und gibt es eine Bedingung, dass nur ein geringer Teil des Westwegs auf befestigten Straßen entlangführen darf. Davon unberührt sind alte Verbindungswege, die in Zeiten vor der Industrialisierung und der Vergemeinschaftlichung des Verkehrswesens durch Automobilität angelegt wurden. Man erkennt sie daran, dass sie mit Steinen unterschiedlicher Größe gepflastert und befestigt sind, teilweise mit in Stein gehauenen Rillen versehen wurden, damit das Wasser aus dem Bergen darüber hinweg abfließen kann.
Auf einem angelegten Verbindungsweg zwischen Forbach und den Höhen des Schwarzwalds
Allerdings sind diese Wege, die - Grenzsteine und Wegmarkierungen bezeugen es - teilweise schon seit Jahrhunderten existieren, in Gefahr. Denn sie sind für Zweibeiner oder für vierbeinige Transportmittel wie etwa Esel gemacht, nicht jedoch für die Drahtesel der Neuzeit. Denn diese erzeugen infolge der stark profilierten Reifen eine wesentlich intensivere Traktion auf den Untergrund. Speziell, wenn das Gerät "sportlich" gefahren wird, können sich die mühsam in Handarbeit quasi "für die Ewigkeit" dort verlegten Pflasterungssteine lösen. Also: Bitte dort entlanggehen und der Geschichte nachspüren, solange es diese historischen Pfade noch gibt!
Felsen gibt es im in großen Teilen von Wäldern bedeckten Schwarzwald übrigens jede Menge. Manche können nicht nur - weil sie aus dem Meer von Bäumen herausragen - für eine bessere panoramische Sicht erklommen werden (wie z.B. der Huberfelsen). Sondern sie haben sich im Lauf der Geschichte immer wieder gelöst, sind herabgerollt und haben das hinterlassen, was als "Felsenmeer" bezeichnet wird.
Ein Felsenmeer, hier oberhalb von Oberprechtal
Für alle, die sich für die Materie interessieren, eine Tafel zum Thema "Felsenmeer"
An Felsen weniger interessiert sind andere Trendsetter. Wahrscheinlich ist es noch nicht mal ein Trend, sondern der schon immer vorhandenen Faulheit der Spezies Homo sapiens geschuldet, dass letzterer am liebsten mit seinem fahrbaren Untersatz unterwegs ist, um sich auf Parkplätzen von den Strapazen der Anreise zu der dort aufgestellten Picknickbank erholen will. So hat man es auf den Autobahnen gelernt.
Beispielhafte Darstellung des oben Geschriebenen: Parkplatz mit Picknickstelle beim Heuplatzweg in der Nähe der Alexanderschanze
Manche von meinen Followern warten sicher schon auf weitere Beschreibungen von Kuriositäten, die einem so auffallen, wenn man in Deutschland unterwegs ist. Außer den Picknickfahrern, die auch anderswo in unserem Land unterwegs sind, gibt es schon allein deshalb nichts zu vermelden, weil der Weg nur durch sehr wenige Ortschaften führt.
Das ist auch der Grund, weswegen ich Nachwanderern dringend rate, Versorgungsartikel wie etwa Wasch- oder Körperpflegemittel in ausreichender Menge mitzunehmen. Macht das Gepäck am Anfang etwas schwerer, aber das Schöne ist, dass die Füllmengen mit Fortschreiten den Tour abnehmen und der Rucksack leichter wird.
Ansonsten ist es im Schwarzwald einfach nur schön, wie ich an ein paar Bildern, die es nicht in einen der Beiträge geschafft haben, noch mal zeigen will.
Die bunt gemischte Herde auf der Hornisgrinde interessiert sich nicht für den exklusiven Ausblick auf die Rheinebene und die Vogesen (etwas vernebelt im Hintergrund links erkennbar)
Versorgungshäuschen abseits des Westwegs - auf dem Weg von Oberprechtal hinauf zum Einstieg in den E1
Wie schon in der Ankündigung zu dieser Tour bemerkt: Die "offizielle" Einteilung des Weges habe ich nicht eingehalten. Im Nachhinein eine gute Entscheidung. Denn obwohl es durchaus auch konditionell weniger gut aufgestellte Wandersleuten sicherlich schaffen können, die eine oder andere Etappe voll durchzulaufen: Wo bleibt da der Spaß?
Möglich, aber anstrengend ist Pforzheim-Dobel, insbesondere, wenn man es schafft, in Neuenbürg einen Bus in den oberen Ortsteil zu erwischen - und wenn es nicht regnet.
Auch Dobel-Forbach ist machbar - wenn man stabile Knie hat und einen ordentlichen Abstieg gut wegstecken kann.
Speziell zu bedenken ist allerdings, dass der Aufstieg am nächsten Tag von Forbach hinauf zur Badener Höhe es wirklich in sich hat, und ich möchte zusätzlich darauf hinweisen, dass die Strecke Forbach-Mummelsee nur was für Spezialisten ist (weitere Anstiege nach Sand).
Man muss anschließend, wenn man die Strecke unterbricht, nicht wie ich von Ruhestein mit dem Bus hinabfahren nach Seebach, sondern kann auch in der Darmstädter Hütte übernachten.
Sollte jemand tatsächlich bis Mummelsee durchgehalten haben und von dort aus starten: Die Etappe Mummelsee-Zuflucht ist durchaus machbar.
Im späteren Verlauf ist die Strecke Hausach-Wilhelmshöhe äußerst fordernd, in Ermangelung von Unterkünften unterwegs muss man dann entweder kreativ sein (so wie ich nach Oberprechtal ab- und am nächsten Tag wieder aufsteigen) oder in den sauren Apfel beißen und sich bis zum Ende durchquälen. Oder zelten 😊.
Die Etappe Wilhelmshöhe-Thurner kann man sich geben, allerdings ist der erste Teil so schön, dass man sich da vielleicht etwas mehr Zeit lassen möchte. Den zweiten Teil der Strecke, ab Furtwangen, reißt man dann einfach runter.
Begegnungen
Die Wandersfrau hat im näheren Umfeld des Schwarzwaldes zahlreiche Freunde und Bekannte, und konnte sich so diesmal mit P. und N. F. aus B. sowie mit U. R. aus F. treffen. Verbinden mussten diese wackeren Wegbegleiter das wieder mit einem gewissen Einsatz, nämlich mit der Nutzung ungewohnter Transportmittel, die überdies zu handverlesenen Zeiten fahren (Bus). Um so schöner die gemeinsam verbrachte Zeit mit Gesprächen auf typisch Schwarzwälder Wegen.
Tagesendtrunk
Sehr gefreut hat man sich am Ende eines anstrengenden Wandertages über Arrangements wie dieses:
Natürlich gibt es zu dem Glas auch eine Wasserflasche "aufs Haus", die relativ schnell leergetrunken ist
Am häufigsten kam es zu diesem Setting - Bier als Apéro, Weißwein zum Essen
Dass das Bierglas in leerem Zustand fotografiert wurde, liegt an dem Umstand, dass es einfach so schnell weg war - noch bevor einem einfiel, dass man ja das volle Glas ablichten wollte. Die Biere von Hatz kenne ich bereits von meiner letzten Tour - keine Beanstandungen zu vermelden
Das eine oder andere Mal hatte man am Nachbartisch Motorsportler sitzen - mit manchen kam ein nettes Gespräch zustande, bei anderen hat man ein bisschen gelauscht.
In der Konversation dieser Sportler, die alle Würtschlplatten mit einem Berg Pommes verzehren, fällt häufig der Begriff "Motofietse". Aus der Ferne erreicht mich ein launiger Kommentar von P.F. aus B., ob nicht vielleicht doch "Bromfietse" gemeint sein könnte. Nein - nicht: Am Folgetag brausen sie in ihrer Rittermontur mit ihren Moto-Jakuzzis davon - gen Italien, wie man mir sagt. Ach so, bevor wir das vergessen: Das Ulmer rann störungsfrei die Kehle hinab
Zwischendrin gab es auch mal einen Vorabendtrunk auf der Hotelterrasse - ein ...
... Flaschbier von der Alpirsbacher Klostebrauerei, aus dem Kühlschrank geholt und gezischt an den Staden der Murg mit Blick auf die alte Holzbrücke von Forbach
Das Bier, das es am häufigsten gab, war das Fürstenberger. Ich bin nicht ein sehr großer Fan davon, lasse mich aber gern von den Vorzügen überzeugen, indem ich es einfach bei meiner nächsten Tour noch mal teste. Keine Abbildung.
Hier eine Auswahl von Bieren: Links oben das Löwenpils der Löwenbrauerei Elzach, darunter das hausgebraute naturtrübe Bier vom "Platzhirsch" in Pforzheim sowie das allgegenwärtige Ketterer Bier ("Ketterer sind netterer" lautet der Slogan). Das hausgebraute Bier war das beste, die anderen aber auch sehr trinkbar
Den Weingläsern sieht man nicht an, was drin ist. Egal - alles wunderbare regionale, schön gekühlte Weine!
Zu guter Letzt
Damit sich die geneigte Leserschaft vorstellen kann, wie man sich auf dieser Reise betten kann, stellvertretend ein besonders farbenfrohes Bild aus meinem großen Zimmer in Hausach.
Und weil ich diesmal in Ermangelung geeigneten Wetters bzw. geeigneter Waldsofas kein Bild der Schuhe, die sich ausruhen, machen konnte, ein Bild von den neuen Schuhen an der Wandersfrau - im "Sonnentor" von Dobel in Regenmontur (kleines Besteck, ohne Schirm):
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