Mit etwa 180 Kilometern Länge war diese Abschiedstour auf dem E1 recht kurz. Dafür aber ging es mit fast 4000 Höhenmetern im Anstieg und 4400 im Abstieg ganz schön auf und ab. Neun Tage habe ich mir dafür Zeit gelassen.
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Mit den Schweißheiligen in den Süden Deutschlands
Meine diesjährige Frühjahrswanderung fiel in die Zeit der Eisheiligen: Mamertus (Mittwoch, 11. Mai), Pankratius (Donnerstag, 12. Mai), Servatius (Freitag, 13. Mai), Bonifatius (Samstag, 14. Mai), Kalte Sophie (Sonntag, 15. Mai). An dieser Stelle kann ich berichten, dass die gesamte Periode - mit Ausnahme des Freitags, 13. Mai - für das Jahr 2022 umbenannt gehört. Es war einfach knallheiß, zumindest auf diesem Abschnitt des E1, so dass man getrost von den Schweißheiligen sprechen kann.

Am Tag des Eisheiligen Pankratius schützen sich die Schafe gegenseitig vor der großen Hitze
Ein Glück, dass es am Tag der Feldberg-Besteigung kühl war. Ein absolutes Highlight der gesamten Wanderung durch Deutschland, übrigens.

Den Wolken so nah - so wirkt es zumindest an diesem kühlen Tag im Mai, an dem es einem so vorkommt, als ginge es nicht mehr höher hinauf. Der Wind tost und die Spitze des Fernmeldeturms scheint an den Himmel zu stoßen
Dabei gibt es auf dem E1 eine Variante, bei der man den Aufstieg auf den Feldberg umgehen kann. In Titisee läuft man dafür in südöstlicher Richtung am See entlang, dann durch Bärental (Vorder-, Mittel- und Ober-Bärental). Dabei kommt man nicht nach Hinterzarten, das wiederum mir persönlich sehr am Herzen liegt. Anderen vielleicht nicht. Man kann auch statt des Feldbergs von Titisee in einem bequemen Anstieg von 350 Höhenmetern in 3,5 km zum Hochfirst (1190 m) hinaufgehen und dann bis zur Schattenmühle (alternativ nach Göschweiler) gehen (ca. 21 km Gesamtstrecke). Dann hat man zwei Wandertage "gespart", aber auch den schönen Schluchsee ausgelassen.

Der Schluchsee ist um einiges größer als der Titisee und nicht gar so touristisch, aber nicht minder schön
Außer vom Feldberg hinab und über den Schluchsee wird man auf dieser Tour reich belohnt mit Fernblicken.

Meinen Lieblings-Ausguck fand ich vollkommen unerwartet droben auf dem Buchberg. Man sieht (von links nach rechts) den Feldberg mit seinen Schneefeldern (erobert), den Hochfirst (knapp dran vorbeigegangen) und die Weißtannenhöhe (überschritten)
Zunächst einmal muss man sich im klaren darüber sein, dass es im Schwarzwald, aber auch im sich daran anschließenden Hegau jede Menge Wanderwege gibt. Der E1 verläuft permanent auf den Trassen anderer, kürzerer und teilweise bekannterer Fernwanderwege: dem Westweg (westliche Variante), dem Querweg Freiburg-Bodensee, dem Mittelweg (östliche Variante), dem Schluchtensteig (übrigens in umgekehrter Richtung). Sowie einem Wasserweltensteig (von Triberg über den Brend und Ewattingen nach Blumberg und von dort über Epfenhofen durch eine weitgehend dorf- und siedlungslose Landschaft in den Naturpark Schaffhausen und schließlich nach Neuhausen am Rhein), dem Schwarzwald-Jura-Bodensee-Weg, dem Hegauer Kegelspiel und auf kurzen Streckenabschnitten dem Jakobsweg (Zubringerwege - Gauchach-Mündung bis Wutachmühle und ab Wallhausen bis Konstanz).

Eindrucksvolle Beschilderung allenthalben - hier ein Beispiel mit Erwähnung des E1
Dementsprechend ist teilweise recht viel los auf den Wegen. Auf den Feldberg hinauf gehe ich alleine, aber nur, weil das Trio, das ebenfalls den E1 geht und dem ich auf dem Feldberg begegne, schneller ist als ich. Und dann natürlich in der Wutachschlucht - dort ist Jahrmarkt.
Abseits dieser touristischen Attraktionen hat man die Blumen- und Panoramenwelt für sich alleine.

Auf dem Weg von Randen nach Engen - ganz hinten lugt das Ziel des nächsten Wandertages, der Hohentwiel, hervor
Über Absonderlichkeiten kann ich von dieser Tour nicht berichten. Außer vielleicht, dass sich auch hier in dieser schönen Gegend der Trend zur Zweit- und Drittgarage durchsetzt.

Wenn man es wegen des Überformats schon nicht verbergen kann, dann muss man es eben hervorheben. Dachte sich der Inhaber dieser Immobilie bei der kreativen Lösung für die Doppelgarage unter seinem hübschen Fachwerkhaus

Bei den Renovierungsarbeiten für dieses Gebäude wurden zuerst die beiden Garagen fertiggestellt - na gut: und Kamin/Heizung - sowie Vollglasfenster, die dem Haus den letzten Charme rauben

Voilà! Drei sind schöner als zwei

Es gibt aber auch welche, die kommen ganz "ohne" aus und belassen es bei einer Einfahrt in der das Hinkel neben einer Schubkarre herumstolziert
Genug gespottet, es gibt auch jede Menge wundervoller Bausubstanz, bei der es sich lohnt, stehen zu bleiben und näher hinzuschauen.

Mein Favorit ist dieses Schwarzwaldhaus mit dem lang herabgezogenen Dach (in Kappel kurz vor Erreichen der Wutachschlucht)
Um es kurz zu machen: Jeder, der sich überlegt, die offiziell 16 Etappen des E1 vom Eingang zum Schwarzwald bis zum Bodensee zu laufen, sei hiermit ausdrücklich ermuntert. Dass man sich dabei die Etappen nach eigenem Gusto (und Kondition) einteilen kann, versteht sich von selbst.
Raststationen
Wo viele Wanderwege gleichzeitig verlaufen, gibt es jede Menge Möglichkeiten, den Rucksack abzuwerfen und es sich gutgehen zu lassen. Seien es Hütten, Sitzbänke, Gasthöfe oder Unterkünfte. Die beiden erstgenannten kommen - wie soll es anders sein - häufig (aber nicht immer!) zur Unzeit, die beiden letztgenannten mussten während der Pandemiezeit Federn lassen und sind nicht immer zuverlässig geöffnet. Am besten sieht man im Netz nach, bevor man eine dieser Stationen ansteuert.

Schöner Empfang in meiner Schlafstube des "Kokoschinski" auf dem Feldbergpass. Wichtig: kein Teppichboden und eine funktionierende Heizung

Erstmals beim Abstieg vom Feldberg gesehen: Ein gefällter (oder umgefallener) Baum wird umfunktioniert zur Sitzbank. Für mindestens vier Personen
Wie immer sollen hier auch die Tagesendgetränke Erwähnung finden. Bei dem großen Durst nach meinen schweißtreibenden Aktionen habe ich tatsächlich vergessen, das eine oder andere zu fotografieren. Vorausgeschickt sei, dass in dieser Gegend der Wein sehr trinkbar ist, so dass meistens nach einem Apéro-Pils umgeschwenkt wurde.

Ich trau mich gar nicht, es zu schreiben: Der Wein sieht besser aus als er schmeckt

Es gibt Tage, da muss es einfach ein Roter sein. Dieser hier wurde mir in Ewattingen kredenzt und hat meine Erwartungen voll und ganz erfüllt. Die Wurlitzer im Hintergrund wurde zwar beäugt, jedoch hat niemand sich getraut, sie anzuwerfen

Hervorragender Trunk in hervorragendem Wirtsgarten in Radolfzell

Kam auf meiner letzten Tour zu kurz: das Fürstenberger. Es ist gar nicht schlecht, besonders, wenn es so schön gekühlt ist, wie das hier abgebildete. Dass die Braukultur dieser Marke allerdings bis ins Jahr 1283 zurückreicht, möchte ich anzweifeln ...

Hier stimmt die Reiehenfolge nicht ganz: Ich habe im Wirtsgarten in Radolfzell zuerst dieses Alpirsbacher getrunken - und es hat gemundet. Danach musste es aber der bereits besprochene Wein sein

Bei dieser Aussicht, an diesem Ort - da kam nur der köstliche Winzersekt in Frage. Von meinem Hotel am Hohentwiel habe ich mich nur ungern verabschiedet
Und so kam es, dass das Ziel der letzten Etappe auf dem Deutschland-Stück des E1 unfallfrei und bester Laune erreicht wurde. Die eisgekühlte schaumgekrönte goldgelbe Belohnung musste natürlich in allerlei Varianten abgelichtet werden.

An diesem denkwürdigen Abend blieb es beim Constanzer Hellen - es ist und war in jederlei Hinsicht dem Anlass angemessen und wurde am nächsten Abend gleich noch mal einem Stresstest unterzogen
Flora und Fauna
Was soll man zu folgender Abbildung sagen - ich überlege noch. So manches fällt einem dazu ein.

Tierischer Abfalleimer in Engen. Sehe ich da eine Träne unter dem Auge?
Zum Abschluss dieser Etappe betrachten sich die Wanderschuhe das einmalige Panorama vom Feldberg aus in nördliche Richtung:

Auf dem Feldberg ist das "Waldsofa", auf dem es sich die Wanderschuhe samt ihrer Besitzerin gutgehen lassen, nach Norden ausgerichtet. Schadet dem Vergnügen in keinster Weise
Die Deutschland-Passage auf dem Europäischen Fernwanderweg E1 habe ich somit beendet. Manch einer wird sich nun fragen, wie es weitergeht. Soviel sei schon mal verraten: Die Wandersfrau hat was Neues im Sinn - eine weniger bekannte Durchquerung unseres Landes mit vielen schönen Highlights unterwegs. Bis dahin blickt sie noch einmal zurück - auf den Feldberg. Und auf die ca. 2000 Kilometer, die einfach nur großartig waren.

So früh am Tag ist der Rucksack noch prall gefüllt mit Wasser und Proviant, wegen der Kühle in den Höhen des Schwarzwalds muss das Kaschmirwams getragen werden. Der Blick auf den gestern bezwungenen Berg macht dafür ganz warm ums Herz
Nachtrag: Im Lauf der nächsten Zeit wird es noch eine Zusammenfassung meiner Wanderung und über den Verlauf des E1 in Deutschland geben.
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